Immobilien - Kommt die nächste Finanzkrise?
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Österreichischer Immobilienfonds mit Problemen
Der österreichische Immobilienfonds LLB Semper Real Estate teilte am 23. Oktober 2023 mit, dass "Zur Sicherheit der ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung die Auszahlung des Rückgabepreises beginnend mit 23.10.2023 ausgesetzt wird".
Das bedeutet, dass Anleger*innen derzeit die Anteile nicht verkaufen oder sonst wie reagieren können. Das ist problematisch, wenn das Geld aus dem Fonds benötigt wird. In den allgemeinen Medien wurde kaum berichtet, Fachmedien ziehen Vergleiche zu den unschönen Ereignissen von 2008 und Rückschlüsse zur Entwicklung der Immobilien.
Bisherige Entwicklung im Vergleich
- Blau: LLB Semper Real Estate*
- Gelb: Real Invest Austria T*
- Rot: immofonds 1 A*
Wie der Vergleich zeigt, entwickelte sich der LLB Semper Real Estate in diesem Vergleich durchaus gut. Nur im März 2023 ist ein "Knick" zu sehen, der vermutlich die Probleme bereits ankündigte, da andere Immobilienfonds zu dieser Zeit stabile Kurse zeigen.
*Die Grafik zeigt die Berechnung nach Abzug aller Kosten und Steuern.
Kosten und Steuern - ein kurzer Ausflug
Die Kosten sind höher als die meisten Anleger*innen vermuten möchten. Rund 60 % und mehr der am Markt erwirtschafteten Rendite (Grafik links oben) werden durch Kosten und Steuern abgerieben. Stelle den Cursor in der Grafik nach rechts: In der Klammer siehst du die Nettorendite NACH Abzug aller Kosten und Steuern.
Trotz hoher Marktrenditen wurden aufgrund der steigenden Inflation (graue Fläche) Realwert-Verluste eingefahren. Österreicher*innen unterschätzen die Auswirkungen der Kosten und Steuern, die einzelnen Kostenbestandteile (Laufende Fondskosten, Transaktionskosten, Depotkosten, Steuer, ...) werden nicht addiert oder gar nicht berechnet. Dabei ist die Nettorendite (Rendite NACH Abzug aller Kosten) entscheidend, wie sich deine Geldanlage FÜR DICH rechnet.
Wenn du ein Wertpapierdepot hast, lohnt sich ein Blick auf deinen Kostenausweis. Auf Seite 3 sind Gesamtkosten von 5,17 % angeführt (rot eingerahmt). Das bedeutet, dass von zum Beispiel 7 % Marktrendite 5,17 % abgerieben werden und nur 1,83 % bei Anleger*innen ankommen.
Die Mathematik ist eine exakte Wissenschaft, Prozentangaben wirken aber manchmal gering, weil man diese auf 100 bezieht. Bei der Geldanlage bedeuten aber 5,17 % Kosten einen direkten Rendite-Verlust. Bei 7 % Marktrendite bedeuten 5,17 % Kosten rund 74 % Kostenabrieb. Dabei ist die Steuer noch gar nicht berücksichtigt.
Achte daher immer auf Kosten und Steuern bei der Geldanlage. Es gibt nichts anderes, das du messbar besser beeinflussen kannst als die Kosten.
Lehren aus der Abwicklung eines Immobilienfonds 2008
- Laufzeit 30 Jahre
- Keine lfd. Zahlung
- € 15.000,00 Einmalzahlung
- 2,31% Ø Marktrendite bis 30.09.2024
Der Chart zeigt in Rot den Verlauf des Immobilienfonds CS Euroreal. Der Fonds entwickelte sich bis zur Finanzkrise 2008 sehr stabil und erzielte seit Auflegung 1993 jährliche Renditen zwischen 3,5 % und 8 % pro Jahr. Obwohl auch während der Finanzkrise der Ausblick positiv war, verkauften mehr Investor*innen als üblich.
Da der Fonds die benötigten liquiden Mittel nicht aufbringen und Immobilien zu dieser Zeit nicht ausreichend verkaufen konnte, musste der Verkauf der Anteile ausgesetzt werden. Vier Jahre lang wurde erfolglos versucht, Angebot und Nachfrage wieder in Einklang zu bringen, mit 31.05.2012 wurde der Fonds aufgelöst. Seither werden Immobilien Stück für Stück verkauft und damit Anteile an Anleger*innen ausgezahlt.
Obwohl Immobilien 2012 bis 2022 stark gestiegen sind, haben Anleger*innen dieses Immobilienfonds hohe Verluste hinnehmen müssen. Die scheinbare Sicherheit ohne Wertschwankung zwischen 1993 und 2008 war wertlos. Diese Geschichte könnte sich beim Immobilienfonds LLB Semper Real Estate wiederholen.
Immobilienfonds vs. Immo-Aktienfonds
- Laufzeit 30 Jahre
- Keine lfd. Zahlung
- € 15.000,00 Einmalzahlung
- Rot: Immobilienfonds*
- Gelb: Immobilienaktienfonds*
Immobilien und Immobilienfonds (Rot) scheinen ein geringes Wertschwankungs-Risiko zu haben, weil einzelne Immobilien nicht täglich bewertet werden. Ein gänzlich anderes Bild zeigen Immobilienaktienfonds (Gelb) mit täglicher Bewertung an Börsen.
Daraus kann abgeleitet werden, dass Immobilien bei täglichen Bewertungen stärker schwanken würden und damit das Wertschwankungsrisiko höher ist.
Wie trügerisch geringe Wertschwankungen bei Immobilienfonds sein können, hat der CS Euroreal gezeigt, wenn ein Immobilienfonds abgewickelt werden muss. Bei einzelnen Immobilien sollte zudem das Klumpenrisiko beachtet werden: Die Investitionssumme sollte in einem ausgeglichenen Verhältnis zu anderen Anlagen stehen.
*Die Grafik zeigt den Verlauf nach Abzug aller Kosten und Steuern im Wertpapierdepot.
Das Gummiband-Holzstock-Experiment
Könnte „der Stock“ auch bei anderen Anlageklassen brechen?
Wie das Beispiel Immobilienfonds zeigt, können auch scheinbar sichere Anlagen „brechen“, wenn ein großer Verkaufsdruck entsteht. Bei Immobilien erhalten Anteilsinhaber*innen zumindest Verkaufserlöse, da Sachwerte immer einen bestimmten realen Wert haben. Das ist bei Geldwerten (Konto, Sparbuch, Anleihen) anders.
Bei Geldmarktpapieren (Sparbuch, Konto, ...) könnte ein plötzlicher, starker Verkaufsdruck (Bank run) zum Systembruch führen. Da den Forderungen keine realen Sachwerte entgegenstehen, könnte es sogar zum Totalverlust kommen. Dieses Szenario erscheint aktuell unwahrscheinlich, weil dieser „Holzstock“ sehr stark zu sein scheint.
Raimund Brichta beschreibt in seinem Buch „Die Wahrheit über Geld” sehr ausführlich, wie knapp das Geldsystem im Zuge der Finanzkrise 2008 vor einem Zusammenbruch gestanden ist. Um Vertrauen zu sichern und damit Druck (auf den Holzstock) zu nehmen, wurde die Einlagensicherung von vormals € 20.000 auf € 100.000 erhöht.
Wir wissen, dass mit dieser Maßnahme Verluste verhindert werden konnten. Jedoch bleibt die Frage zu welchem Preis? Weltweit wurden die Notenpressen angeworfen, selbst auferlegte Regeln für ein stabiles Geldsystem gebrochen. Viele Experten sehen den Inflationsanstieg auf bis zu 10 % ab 2022 als eine Auswirkung dieser Maßnahmen.
Die Geschichte hat bereits oft gezeigt, was mit scheinbar sicheren Geldwerten passieren kann: Hyperinflation, wie z.B. in Deutschland und Österreich zwischen 1919 - 1924 oder Währungsreformen, zuletzt 1947. Bei solchen Verwerfungen sind alle Geldwerte, auch alle Arten von Anleihen, betroffen.
An dieser Stelle wollen wir nicht tiefer in diese Thematik eintauchen, sondern lediglich sensibilisieren, dass auch bei Geldanlagen ohne, bzw. mit geringer, Wertschwankung ein Totalverlust-Risiko nicht ausgeschlossen werden kann. Das Ausfallrisiko vermeidet man am besten durch breite Streuung in verschiedene Anlageklassen und innerhalb der Anlageklassen wiederum durch breite Streuung in verschiedene Länder/Regionen.
Immobilien im Vergleich zu Aktien und Gold
- Laufzeit 45 Jahre
- Keine lfd. Zahlung
- € 15.000,00 Einmalzahlung
- Blau: Aktienfonds in einer provisionsfreien Fondspolizze
- Gelb: Gold in Euro (Physischer Kauf)
- Rot: Immobilienfonds in einem Online-Bankdepot
Globale Aktienfonds: Langfristig höchste Renditen
Globale Aktien erzielten in dieser Zeit einen rund 12 mal höheren Gewinn als Immobilien und rund 6 mal mehr als Gold. Langfristig spielen auch Wertschwankungen kaum eine Rolle, es entscheidet die tatsächliche Nettorendite. Mehr dazu:
Immobilien: Wegen Kosten Netto nach Gold
Interessant ist, dass der Immobilienfonds VOR Kosten (links oben) höhere Renditen erzielte als Gold. Da Gold nur geringe Kosten beim Kauf und Verkauf verursacht und der Wertzuwachs steuerfrei ist, bleibt die gesamte Rendite bei den Anleger*innen. Anders bei Immobilien, hier gingen über 40 % der Rendite an Kosten verloren.
Tipp: Klicke links oben auf die obere Angabe (Blau), damit wird der blaue Chart ausgeblendet und du siehst die Differenzen zwischen Gold und Immobilien besser.
Vergleich der letzten 20 Jahre
- Laufzeit 20 Jahre
- Keine lfd. Zahlung
- € 15.000,00 Einmalzahlung
- Blau: Aktienfonds in einer provisionsfreien Fondspolizze
- Gelb: Gold in Euro (Physischer Kauf)
- Rot: Immobilienfonds in einem Online-Bankdepot
Der Vergleich der letzten 20 Jahre zeigt, dass Gold (Gelb) eine höhere Rendite als Aktien (Blau) erzielte und die Renditen bei Immobilienfonds (Rot) nicht mehr so hoch waren als in den letzten 45 Jahren. Nach Abzug der Kosten konnte sogar der Realwert-Verlust durch die Inflation nicht mehr ausgeglichen werden (Rot in der grauen Fläche).
Dennoch spricht alles für eine breite Streuung in möglichst allen Anlageklassen. Damit kannst du das Risiko reduzieren und in Summe gute Renditen erzielen. Achte dabei immer auf eine für dich passende Verteilung und wie immer auf die Kosten.
So geht's weiter
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