Wirtschaftswachstum und Börse

Marcel Unterlerchner
Autor: Marcel Unterlerchner
Aktualisiert am 24. Februar 2025
BIP und Rendite hängen deutlich weniger zusammen als oft vermutet. Hohe Wachstumsraten können sogar zu niedrigeren Renditen führen. Zudem zeigen Börsen die Zukunft, während das BIP eher die Vergangenheit widerspiegelt. Die Lösung ist langfristig zu investieren und diversifiziert zu sein – speziell für deine Geldanlage in Österreich.

Der große Irrtum über Wirtschaft und Börse

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Verzweifelt bei Wirtschaftsnews?

„Eine starke Wirtschaft bedeutet steigende Aktienkurse.“ – das klingt logisch, oder? Viele Anlegerinnen und Anleger in Österreich gehen fest davon aus, dass schnelles Wirtschaftswachstum automatisch zu hohen Börsenrenditen führt. Doch genau hier liegt einer der größten Investment-Irrtümer.

Die Wahrheit ist: Börsen und Wirtschaft bewegen sich oft unabhängig voneinander – und in manchen Fällen sogar entgegengesetzt. Während Wirtschaftsdaten wie das BIP (Bruttoinlandsprodukt) vor allem die Vergangenheit abbilden, sind Aktienmärkte Zukunftsmärkte. Sie reagieren nicht in erster Linie darauf, was heute passiert, sondern darauf, was erwartet wird.

Beispiel: Krisen und Börsenrallys

  • 2009 während der Finanzkrise: Die Arbeitslosenzahlen in den USA erreichten ihren Höchststand – dennoch stieg der S&P 500 bereits um über 50 %, weil der Markt eine Erholung einpreiste.
  • 2024: Deutschlands Wirtschaft schrumpft um -0,2 %, der DAX legt gleichzeitig um 19 % zu.

Wissenschaftliche Studien bestätigen diesen scheinbaren Widerspruch. Eine Untersuchung von Jay Ritter („Is Economic Growth Good for Investors?“, 2012) zeigt sogar einen negativen Zusammenhang zwischen BIP-Wachstum und Aktienrenditen. Für entwickelte Märkte lag der Wert bei -0,39, für Schwellenländer bei -0,41. Mit anderen Worten: Schnelles Wirtschaftswachstum kann für Anlegerinnen und Anleger ein schlechtes Zeichen sein!

Starkes BIP-Wachstum liefert schwache Renditen?

Auf den ersten Blick klingt es logisch: Wenn ein Land wirtschaftlich stark wächst, müssten auch die Aktienmärkte profitieren. Die Realität sieht jedoch anders aus. Eine Studie von Arnott & Bernstein (2003) zeigte, dass Länder mit hohem Wirtschaftswachstum oftmals schlechtere Aktienrenditen liefern als langsam wachsende Volkswirtschaften.

Gründe dafür Erwartungen sind bereits eingepreist

  • Anleger preisen zukünftiges Wachstum oft lange im Voraus in die Aktienkurse ein.
  • Hohe Bewertungen verringern das künftige Renditepotenzial.

Earnings Dilution (Gewinnverwässerung)

  • In boomenden Volkswirtschaften entstehen viele neue Unternehmen, die um Kapital und Marktanteile konkurrieren.
  • Dadurch wird der Gewinn pro Aktie (EPS) verwässert.
  • Beispiel: China 2000–2010 – Trotz hohem BIP-Wachstum fielen die realen Aktienrenditen geringer aus, weil ständig neue Firmen hinzukamen.

Kapitalverteilung und Marktstruktur

  • In vielen Wachstumsregionen sind große Teile der Wirtschaft nicht börsennotiert (z. B. Staatsunternehmen).
  • Das BIP-Wachstum kommt somit nicht immer bei den Aktionären an.

Schwächere Länder mit oft besseren Renditen

Ein Blick auf historische Vergleiche verdeutlicht den oft geringen Zusammenhang zwischen BIP und Rendite:

Durchschnittliches BIP-Wachstum (1990–2020)

  • China = 8-10%
  • Brasilien = 4-5%
  • USA = 2-3%
  • Deutschland = 1-2%

Historische Aktienrendite:

  • China = 4-6%
  • Brasilien = 3-5%
  • USA = 8-10%
  • Deutschland = 7-9%

Fazit: Hohe Wachstumsraten korrelieren nicht zwingend mit hohen Börsenrenditen. Häufig schneiden langsam wachsende, aber stabilere Märkte besser ab.

Beispiel: Japan in den 1980ern

Japan hatte in den 80ern ein extrem schnelles Wirtschaftswachstum, es setzte ein enormer Hype um japanische Unternehmen ein. Der japanische Aktienindex Nikkei 225 erreichte 1989 ein Allzeithoch von knapp 39.000 Punkten.

Danach folgte ein dramatischer Crash. Bis heute hat der japanische Aktienmarkt diesen Höchststand kaum übertroffen.

Warum Börsen oft entgegen den Wirtschaftsdaten laufen

Börsen sind Zukunftsmärkte, Wirtschaftsdaten zeigen die Vergangenheit. Ein häufiger Fehler von Anlegern ist es, zu stark auf aktuelle Wirtschaftsdaten zu achten. Diese zeigen in der Regel vergangene Entwicklungen, während sich die Börsen nach vorn orientieren, wie die zwei jüngeren Beispiele verdeutlichen.

USA 2009

  • Arbeitslosenquote auf Rekordhoch (10 %).
  • S&P 500 stieg in sechs Monaten um 50 %.
  • Grund: Die Märkte antizipierten eine baldige Erholung.

Covid-19-Krise (März 2020)

  • Historischer Einbruch der globalen Wirtschaft.
  • Aktienmärkte stiegen wieder an, als Regierungen Stimuluspakete angekündigten, die langfristig das Wachstum fördern sollten.

Die Lektion daraus: Wirtschaftsdaten wie BIP-Wachstum, Arbeitslosigkeit oder Inflation sind nachlaufende Indikatoren. Die Börse handelt Erwartungen – nicht den aktuellen Status quo.

Lass dich nicht von Wirtschaftsdaten verunsichern

Vermeide emotionale Reaktionen. Viele Privatanlegerinnen und Privatanleger reagieren in Phasen schlechter Wirtschaftsnachrichten panisch – oder glauben, dass starkes Wirtschaftswachstum automatisch zu hohen Renditen führt.

Doch Studien belegen: Impulsives Handeln führt oft zu schlechteren Ergebnissen. Laut einer Morningstar-Studie "Mind the Gap" schneiden viele Privatanleger deshalb schlechter ab als die Fonds, in die sie investiert haben.

Die häufigsten Fehler

Performance Chasing: Anleger kaufen Aktien nur, weil sie zuletzt stark gestiegen sind. Dabei ignorieren sie mögliche Überbewertungen, sie jagen quasi der guten Performance hinterher.

Market Timing: Das beschreibt den Versuch, den perfekten Einstiegs- oder Ausstiegs-Zeitpunkt zu finden. Dieser Versuch scheitert meist. Die besten Börsentage passieren oft in Phasen großer Unsicherheit.

Bessere Alternativen

Fokus auf Diversifikation: Investiere nicht nur in wachstumsstarke Regionen, sondern global (z. B. über ETFs wie den MSCI World oder FTSE All-World). Das gilt auch für deine Geldanlage in Österreich, wo du mit einem breit gestreuten Depot langfristig erfolgreich sein kannst.

Langfristige Strategie beibehalten: Lass dich nicht von kurzfristigen Wirtschaftsdaten beeinflussen.

Bewertungen und Fundamentaldaten: Oft schneiden günstig bewertete Märkte und Unternehmen auf lange Sicht besser ab als überbewertete Hype-Titel.

Fazit: Wirtschaftswachstum ist kein Rendite-Indikator

Hohe BIP-Wachstumsraten garantieren keine hohen Börsenrenditen. Die besten Renditen finden sich oft in langsam wachsenden, aber stabilen Volkswirtschaften. Diversifikation schlägt Wetten auf einzelne Regionen oder Boom-Sektoren.

Bevor du dich also von Schlagzeilen über Wirtschaftswachstum oder BIP-Daten leiten lässt, frag dich:

  1. Sind diese Wachstumsaussichten bereits in den Kursen eingepreist?
  2. Verfolge ich eine langfristige Anlagestrategie statt auf kurzfristige Trends zu reagieren?
  3. Bleibe ich diszipliniert und lasse mich nicht von Panik oder Euphorie leiten?

Die beste Investmentstrategie basiert nicht auf kurzfristigen Konjunkturprognosen oder aufgeregten Wirtschaftsnachrichten, sondern auf langfristiger Disziplin, Diversifikation und soliden Bewertungsprinzipien.

Gerade in Österreich, wo viele Privatanlegerinnen und Privatanleger auf Sicherheit setzen, lohnt sich eine breit gestreute Geldanlage mit globalem Fokus.

So bleibst du auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten gelassen und vermeidest die typischen Fehler, die auf falschen Annahmen über BIP und Rendite beruhen.

Informationen in diesem Artikel sind allgemein und nicht als Beratung oder Empfehlung zu verstehen. Trotz größter Sorgfalt können wir keine Gewähr für die Eignung, Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Verfügbarkeit der unverbindlich zur Verfügung gestellten Informationen übernehmen. Eine Haftung der fynup GmbH ist daher in jedem Fall ausgeschlossen. Performanceergebnisse der Vergangenheit, Berechnungen und Aussagen über Gewinn und Rendite basieren auf Annahmen und lassen keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Jede Veranlagung bringt hohe Verlustrisiken – bis hin zum Totalverlust - mit sich. Es gelten alle Haftungsbegrenzungen der Funktionsbeschreibung.

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